Cyro de Mattos
GESANG AUF UNSERE
LIEBE FRAU VON DEN WÄLDERN
Von Curt Meyer-Clason überseltzt
Fröhlich sind schon die Tiere
der Vielgeliebten auf den Bergen,
im Distelboden keimt die Blüte,
toter Stamm wird zum Baum,
der zahme Sperber erwacht.
Alles ist Gesang in den Lüften,
Lippen die den Kuss entfachen
im frischen Schoss des Waldes.
Sanfter Tonfall schmückt den Tag,
immergrüner Lichtzweig.
Traumgewebter Jasmin,
süsse Frucht am jungfräulichen Hals.
Flüsschen wenn eine Mine in Stein
gelassen durch die Niederung zieht,
Schiff der Nacht streut mit dem Mond
auf dem Sandboden Silber.
Herrliche, durchsichtige Gebirgskette,
da gibt es keinen Stillstand in diesen Achs,
Schwärme die aufs Geratewohl sterben,
der Wasserfall der schmutzig weint.
Unter den mütterlichen Flügeln empfängt
die bleiche hustende Sonne
den aus der Tabakspflanzung vertriebenen Indio,
die Vögel im Käfig.
Hermelin, Beschützer des Söhnchens,
am Tag der Orangenblüte
am schwebenden und leichten Stengel
eröffnet, Senhora, den Tanzschritt
des Kolibri mit der Rose.
Schon tritt die Hexe nicht mehr aus dem Hohlraum,
aus dem Blau das Reiherweibchens als Braut,
Falke packt nicht, tötet und frisst.
Kaiman stösst nicht an die Lagune
und die Erinnerung der Haut erschüttert
mein wunschverletztes Sein
nach reinem und tiefen Wassern.
Kreuzblütler, Heilgras, Lavendel,
Erleichterung wiederholter Strafen,
heilt mich von den grossen Wehklagen
in den Gesichten der verbannten Flora,
in den Schattenruinen der Tierwelt.
Von unserem Grillenbrüderchen
im Grass des reifen Morgengrauens
bis zum blauen Rauschen der Schwalben
wenn der Frühling kam
und den leuchtenden Morgen zirpen liess.
Die flammende Seele der Sonnenblumen
und der Geschmack der reifen Goiaba-Früchte.
Wenn der Urwald verlassen wird,
man nicht mehr die Blüte pflückt,
der Fluss sich vor dem Regen versteckt,
die Erde bitter schlummert
und aus Gott nicht die Träne fällt,
wird das die traurige Musik sein?
In diesem Kampf gegen das Übel
in den vier Winkeln der Sonne,
in den vier Wehklagen des Mondes,
der dich in den Wolken grünt
befruchtet das grausame und einsame Leben.
O barmherzige Biene,
lege in mich die Hoffnung,
in jede Handfläche
den tätig tönenden Schwarm.
Wächterin des Glimmerlöwens,
Ameisenbär-Fahne, Trauerweide,
ich will – ich will, Faulheit,
kleiner blauer Papagei, Tapir.
Obgleich vor dem Grün Gerüche
fliehen die mich entzücken,
erschallt jenseits das unschuldige Blau.
Aus Wind und Regen durchdringt mich
die tellurische Stunde von einst,
mit welcher Ergriffenheit segnete
eine Hand voll von verschiedenen Mengen,
im Kräuseln der Samenkapsel flüstert
die Abrechnung des Glanzes in der Fabel,
Zeichen von Frische in der Maulbeere.
Der Mordblitz flüchtet
wie das Reh von dem Jaguar.
Sag zu mir: Töte uns nicht mehr!
Gleiche Zittern und Klagen aus,
die Tiere leben nach ihrer Weise
wie schlichte Anmerkungen Zur Liebe.
In deinem pflanzlichen Verlauf
lichten sich der Tag und der Stern,
entwaffnen im Hühnerstall die Falltür,
löschen das Feuer im Waldbrand.
O Seide, die du eine duftende Stimme erhebst,
Sonne, Regen, Regenbogen, Morgenröte.
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